Was Stress mit dem Körper macht
Dauerhafter Stress schädigt unseren ganzen Körper. Was man dagegen tun kann.
Folgende Themen findet ihr im Newsletter:
😟 Was ist Stress und wozu gibt es ihn?
🧠 Wie das Hormon CRH Herz-Kreislauf, Magen-Darm und Leber beeinflusst.
🫘 Welche Wirkungen Cortisol hat. (Und warum dieses Emoji am Anfang steht.)
🥳 Was man gegen Stress tun kann.
Hallo liebe Leser:innen,
dass Stress ungesund ist, hört man ja allenthalben. Und dass wir uns entspannen sollen und viel schlafen auch. Aber warum ist das eigentlich so?
Reicht es nicht, wenn ich mich abends maulend mit nem Bier aufs Sofa fallen lasse und Netflix schaue? Leider nein, leider gar nicht.
😟 Fight-or-Fligth
Warum reagiert unser Körper mit Stress? Welche Funktion hat er? Eine plausible, logische Erklärung ist unsere Vergangenheit als Sammelnde und Jagende in der Wildnis.
Stress versetzt uns in einen Überlebensmodus - in der Literatur gerne Fight-or-Fligth-Modus genannt. Unser Herz schlägt schneller, der Körper stellt mehr Energie bereit, wir sind aufmerksamer. Dieser Beast-Mode sicherte unser Überleben in lebensbedrohlichen Situationen. Sobald die Gefahr überstanden war, wechselte der Körper zurück in den Normal-Modus. Eine sinnvolle Überlebensstrategie.
Im Unterschied zu früher haben wir heute oft dauerhaft Stress. Zum Beispiel weil wir einen Termin im Nacken sitzen haben oder weil wir uns um unsere Zukunft sorgen. Unser Körper ist dann nur noch im Überlebensmodus. Das führt neben psychischen auch zu vielen körperlichen Problemen.
Was führt bei euch zu Stress?
Wie funktioniert der Überlebensmodus?
Der Ausgangspunkt ist unser Gehirn, genauer der Hypothalamus. Er steuert viele Körperfunktionen über das Nervensystem und Hormone. Der Vorteil von Hormonen ist, dass sie, im Gegensatz zu Nervenreizen, über das Blut im ganzen Körper verteilt werden - also überall wirken.
Die zwei wichtigen Hormone für heute sind CRH und Cortisol. Der ganze Mechanismus hinter Stress ist natürlich komplexer aber für das Verständnis warum dauerhafter Stress so schädlich für uns ist, reicht erstmal dieses Model.
Wir werden sehen, dass CRH und Cortisol, vereinfacht gesagt, all unsere Energie in das kurzfristige Überleben stecken und dafür andere wichtige Körperfunktionen wie die Verdauung vernachlässigen.
🧠 CRH: Corticotropin-releasing Hormone
Bei einer Stressreaktion wird CRH ausgeschüttet und aktiviert unser sympathisches Nervensystem. Der Sympathikus, wie es auch genannt wird, ist unser Stress-Nervensystem und steuert unbewusst viele Funktionen:
senkt Hunger und Durst,
senkt die Magensaftproduktion und Darmbewegungen,
es steigert Blutdruck und Herzfrequenz,
es triggert die Ausschüttung von Adrenalin im Nebennieremark,
Adrenalin wiederum sorgt in der Leber dafür, dass vermehrt Glucose hergestellt wird und Fette freigesetzt werden. Unser Blutzucker steigt.
Alle Funktionen die CRH auslöst sind darauf ausgelegt uns kampfbereit und leistungsfähig zu machen - kurzfristig. Auf Kosten anderer wichtiger Funktionen wie der Verdauung.
Über einen kleinen Umweg ist CRH auch verantwortlich für die Ausschüttung von unserem zweiten Hormon, dem Cortisol.
Auch Cortisol stellt auf Kosten andere Prozesse Energie zur Verfügung.
🫘 Cortisol
Cortisol wird in der Nebennierenrinde gebildet (darum die Kidneybohnen) und arbeitet eng mit dem Hypothalamus zusammen. Man spricht hier vom Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-System.
Das Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-System regelt viele Stoffwechselprozesse unter Normalbedingungen aber auch unter Stress, körperlicher und mentaler Belastung und bei Krankheiten. Auch das CRH ist Teil des Systems, indem es das sympathische Nervensystem aktiviert.
Normalerweise regelt sich das System selbst. Ist viel Cortisol im Blut merkt das der Hypothalamus und vermindert die Ausschüttung von CRH, was wiederum die Ausschüttung von Cortisol verringert. Die beiden Hormone sind also in einer Art Balance.
Bei ständigen Stressreizen gerät dieses System aber aus dem Gleichgewicht. Das Problem ist dann, dass Cortisol viele Wirkungen hat, weil in allen Zellen des Körpers entsprechende Rezeptoren sind. Und es sehr leicht durch die Zellmembranen gelangt.
Cortisol beeinflusst:
Kohlenhydrat-, Fett- und Proteinstoffwechsel,
das Immunsystems,
Entzündungsprozesse.
Es ist wachstumshemmend und katabol
und beeinflusst den Schlaf.
Aber nicht falsch verstehen: Cortisol ist ein Hormon, dass wir täglich brauchen und das normalerweise einem festen Rhythmus folgt. Nur bei zu starker, langer stressbedingter Ausschüttung wird es schädlich. Am besten lässt sich das am Schlaf zeigen.
Schlaf
Cortisol wird normalerweise zirkadian, das heißt in einem 24-Stunden-Rhythmus ausgeschüttet. Immer morgens, also wenn wir aufwachen, ist der Cortisolspiegel hoch. Das macht uns wach. Über den Tag hinweg sinkt er ab und ist abends am niedrigsten.
Ist unser Cortisol-Level dauerhaft erhöht, sinkt er abends nicht weit genug ab und wir schlafen wir schlechter. Das hat Konsequenzen.
Wir sind zusätzlich gestresst, weil wir schlecht schlafen und das erhöht wiederum den Cortisol-Spiegel. Das führt in einen Teufelskreis aus Stress und schlechtem Schlaf.
Zusätzlich beeinflusst die Qualität unseres Schlafes auch die Ausschüttung von Wachstumshormonen in der ersten Tiefschlafphase. Ist die Ausschüttung zu gering verschlechtert das unsere Regeneration, die im Schlaf stattfindet und alle Körperzellen betrifft.
Energiehaushalt
Cortisol fördert die Bildung von Glucose, unserem Haupttreibstoff, aus Aminosäuren (Bausteine von Proteinen) in der Leber. Zudem wird auch der Transport und die Verwertung von Glucose gehemmt, was den Blutzuckerspiegel ansteigen lässt und damit langfristig Diabetes begünstigt. Die benötigten Aminosäuren nimmt sich der Körper dann aus den Muskeln und anderen Geweben.
Die Wirkung ist je nach Zellenart unterschiedlich:
Im Knochen wird der Abbau gefördert, sein Aufbau dagegen gehemmt.
Im Muskel wirkt Cortisol katabol, also proteinabbauend. Der Muskel wird in Zucker umgewandelt.
In der Haut kommt es zu einer verminderten Kollagen-Herstellung (auch ein Protein), was sie schneller altern lässt.
Im Fettgewebe setzt Cortisol Fettsäuren frei und verhindert den Einbau von Glucose in die Zellen.
Eine starke Stressbelastung begünstigt also langfristig Osteoporose, weniger Muskeln und Diabetes. Das sind übrigens klassische Begleiterscheinungen des Alters.
Immunsystem
Cortisol verringert die Lymphknoten. Diese dienen dem Körper als eine Art Filterstation für abgestorbene Zellen und Krankheitserreger. Viele Lymphknoten befinden sich unter den Achseln und am Hals. Sie bilden eine Pforte am Einfallstor der meisten Krankheitserreger - dem Hals. Ihr kennt es vielleicht, dass die Lymphknoten anschwellen, wenn ihr krank werdet. Die fühlen sich dann an wie so kleine Bobbel unter der Haut.
In den Bobbeln befinden sich Lymphozyten und Granulozyten. Das sind Zellen, die Antikörper gegen Krankheitserreger bilden bzw. speichern. Cortisol senkt die Anzahl dieser Abwehrzellen und macht den Körper damit weniger resistent gegen Krankheiten. Wie genau das funktioniert, ist allerdings noch nicht ganz erforscht.
Cortisol unterbindet auch Entzündungsprozesse, weswegen es viele Einsatzbereiche in der Medizin hat. Vielleicht habt ihr schon mal was von Corticoiden gehört.
Mit Entzündungen ist das so eine Sache. Normalerweise sind sie eine Abwehrreaktion des Körpers. Zu viel davon ist aber auch nicht gut. Stichwort: stille Entzündungen. Dazu in Zukunft mal mehr. Wir können das aber heute hier als negativ Verbuchen, weil es unsere Abwehrkräfte schwächt.
🥳 Was gegen CRH und Cortisol aka Stress tun?
Unser Stresslevel sollte im Rahmen bleiben - also nicht dauerhaft hoch sein. Es ist wichtig, dass wir nicht andauernd im Überlebensmodus sind. Gerade abends sollten wir uns Dinge suchen, die uns runter kommen lassen. Das kann bei jedem anders sein.
Etwas zu finden und sich die Zeit dafür zu nehmen, ist sehr schwierig aber wichtig damit wir gesund bleiben.
Sport und Bewegung
Viele kommen beim Sport runter. Durch Sport können wir die Bildung von neuem Cortisol verlangsamen. Wichtig ist aber, dass der Sport uns Spaß macht. Aus Sicht der Entspannung bringt es nichts, sich gestresst bei Regen zum Joggen zu zwingen.
Gerade Mannschaftssportarten bzw. Sport in einer Gemeinschaft kann Wunder wirken, weil neben der körperlichen Aktivität noch soziale Aspekte, wie Gemeinschaft, hinzukommen.
In der Überschrift steht bewusst auch Bewegung, weil Spazierengehen genauso zählt, wie abends im Garten arbeiten, Holzhacken oder Treppenlaufen.
Ruhe und Flow
Ganz allgemein kann man sagen, gegen Stress hilft neben Bewegung auch Ruhe und Flow.
Zur Ruhe kommen kann man natürlich beim Meditieren oder bei einem gemeinsamen Gespräch, einem Buch oder einer Tasse Tee. Auch Musikhören beruhigt viele Menschen.
Flow zustände können beim Spielen entstehen, aber auch beim Kochen oder Schreiben.
Weniger Koffein trinken
Koffein hält uns wach. Koffein hat eine halbwertszeit von sechs Stunden. Das heißt, wer um 14:00 Uhr einen Kaffee trinkt, hat um 20:00 Uhr noch die Hälfte des Koffeins im Körper. Noch krasser ist das mit Energiedrinks, die deutlich mehr Koffein enthalten. Wir schlafen dann schlechter und das steigert unseren Stress.
Die Wirkung von Koffein ist aber typabhängig. Manche vertragen viel mehr als andere.
Was sind eure Tipps zur Entspannung?
Wichtig: merken wann man eine Pause braucht
Das wichtigste ist aber, dass man überhaupt merkt, wenn man gestresst ist. Haltet mal inne untertags, versucht euren Herzschlag zu spüren, macht eine Atemübung, genießt euer Essen mit allen Sinnen, hört in euch hinein, spürt den Regen auf der Haut, hört den Herbstwind.
Meist wird einem dann klar, wie gestresst man gerade ist.
Leider ist das leichter gesagt als getan. Gerade wenn man es am meisten bräuchte, hat man nicht den Kopf zum Innehalten. Auch hier gilt: Übung macht den meister.
Kleine Achtsamkeits- und Anti-Stress-Übungen gibt es zuhauf und sind nur eine Google-Suche-weit entfernt.
Tipp: Viele Krankenkassen bieten kostenlose Entspannungs-Kurse an (auch online).
In diesem Sinne wünsche ich euch eine schöne und stressfreie Restwoche.
🐝 Well
Philipp
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